Review Halbfinale und
Nachholspiele
Nachholpartie:
Michael Beck – Samuel Weber 0-1
Sammy hat sich wie immer gut auf seinen Gegner vorbereitet – leider hat er dabei die Farben verwechselt. Becki macht den Teilnehmer der Deutschen C-Jugendeinzelmeisterschaft darauf aufmerksam, dass er sich heute mit den schwarzen Steinen seine verdiente Prügel abholen darf. Sammy macht aus seiner Not eine Tugend und weicht von seinem üblichen Tarrasch ab (da hat sich Becki sicherlich was dagegen einfallen lassen – korrekt !!), aber das Beck'sche Reti liegt Sammy nicht. Er baut sich seltsam dagegen auf und Becki hat schnell die ersten Felderschwächen identifiziert.
Im 8. Zug lockt er die schwarze Dame ins Zentrum und stellt Sammy einen vergifteten Bauern zum Fraß vor. Sammy wittert den Braten und macht stattdessen einen Entwicklungszug. Eine gute Entscheidung, der Bauer hätte bei der besten Erwiderung von Weiß in einer sehenswerten 6-zügigen Kombination einen ganzen Turm gekostet. Das war aber echt schwer zu sehen, Becki hätte es vermutlich nicht gefunden und es darf bezweifelt werden, dass es Sammy gesehen hat. Aber Becki ist in Opferlaune, bzw. will Kapital schlagen aus der deplatzierten schwarzen Dame und bietet wenige Züge später wieder einen Bauern an, den Sammy diesmal auch nichtsahnend verspeist. Ein grober Fehler, der aber vom Becki nicht bestraft wird, weil dieser mal wieder zu kompliziert denkt und sich in ein zwar nicht ganz korrekten, dafür aber spektakuläres, Qualitätsopfer verliebt hat.
Becki hat einen gewaltigen Entwicklungsvorsprung und stellt Sammy mit einer Reihe von taktischen Motiven vor mannigfaltige Probleme. In der Folge verteidigt sich Sammy in äußerst komplizierter Stellung nicht optimal und muss sein gewonnenes Material wieder spucken. Nachdem sich der Staub gelegt hat findet sich Sammy in einem materiell ausgeglichenen Endspiel wieder, in dem Becki am Drücker ist. Aber Sammy ist schlau wie ein Affe und stellt dem frechen Onkel Beck eine Falle. Er offeriert einen Bauern, den der zwischenzeitlich hungrige Becki gerne verspeist. Hätte Becki den sechsten Sinn von Spiderman, dann hätte er die gemeine Falle auf der Grundreihe gesehen. So muss er geschockt zusehen wie Sammys Turm und sein vermaledeiter Springer seinen schönen Läufer auf der Grundreihe festnageln und schlußendlich einsacken. Echt fies (für Becki), aber eine sehr spannende Partie in der Becki beherzt gespielt hat und beide Seiten ihre taktischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben.
Thomas Schöneberger – Thomas Seidel 0-1
Wieder eine solide Leistung von Thomas Seidel , der sich darauf
beschränkt „einfache“ Züge zu machen und die Fehler seinen Gegner
überlässt. Thomas Schöneberger spielt wie so oft die Eröffnung suboptimal,
aber Thomas will nichts forcieren und geht keine unnötigen Risiken
ein. Aber einen Ausgleich mit Schwarz erzielt er locker mit dieser
Strategie. Als Thomas Schöneberger einen Bauern überlastet, sieht
Adlerauge Thomas das sofort und schnappt sich so einen Bauern.
Thomas Schöneberger spielt aktiv und macht Thomas Seidel das Leben
schwer. Aber Thomas läßt nicht locker und sackt noch einen weiteren
Bauern ein. Schöneberger hält nichts von Aufgeben und so muss Thomas
fast bis zum bitteren Ende spielen – macht das aber sehr souverän.
Andreas Weber – Carsten Michel 0-1
Swami witterte eine Überraschung! Und genau so kam es auch! Als klar
stärkerer Spieler (zumindest laut DWZ) wäre Andreas gut beraten die
Thomas Seidel Strategie „In der Ruhe liegt die Kraft“ anzuwenden und
die Fehler, die Carsten irgendwann mit hoher Wahrscheinlichkeit
macht, auszubeuten.
Aber die Spielweise liegt Andy nicht. Er ist Adrenalinjunkie und will Aktion!
Also muss mal wieder das Morra-Gambit herhalten. Aber Carsten hat seine Hausaufgaben gemacht und wählt ein gutes Set-up. Andy ändert plötzlich seine Strategie und rennt einem Bauerngewinn hinterher, der böse nach hinten losgeht und ihn schlussendlich eine Figur kostet. Er kann zwar noch 2 Bauern schnappen, steht aber klar auf Verlust und verliert am Ende auf Zeit.
Halbfinale
Wahid Jamali – Wolfgang Ruppert 0-1
...aber Wolfgang wird es recht sein, er setzt auf seine Spielstärke
und darauf, dass Wahid schon irgendwann ein Fehler unterläuft. Und
genau das dürfte (leider) dann schlussendlich auch passieren. Mann!
Verdammt, bin ich gut!!!
Wolfgang kennt sich mit der Chessbase Datenbank aus und sucht sich im Vorfeld das beste Set-Up für Schwarz gegen „Die-Hard-London-Player“ aus. Die Strategie geht voll auf. Wahid versteht die Stellung nicht wirklich und spuckt am Damenflügel einen Bauern. Aber auch Wolfgang muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er die Stellung nicht ganz durchdrungen hat, hätte Wahid doch bei bester Erwiderung seinen Bauern mit taktischen Tricks zurück gewinnen können. Er sieht es aber nicht und wenige Züge später meint die Engine, dass auch der letzte Rest Kompensation für den Bauern aufgebraucht ist. Der Rest ist normalerweise eine Sache der Technik für Wolfgang, der solche Dinge mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks herunter spult. Dann passiert das Unfassbare: Wolfgang stellt durch ein Abzugsmotiv quasi einzügig die Dame ein. Er bemerkt es sofort als er die Figur losläßt. Aber jetzt kommen die schauspielerischen Fähigkeiten von Wolfgang zum Vorschein. Er setzt sein Pokerface auf und läßt sich nichts anmerken. Im Gegenteil, er blickt zuversichtlich drein. Wahid ist so in seinem „wie-halte-ich-den-vedammten-Freibauer-auf-Modus“ gefangen, dass er es überhaupt nicht schnallt. Als Wolfgang es ihm nach der Partie zeigt will er es erst gar nicht glauben. Vom Spielverlauf wäre es aber auch unverdient gewesen. Trotzdem ein super Turnier von Wahid, der jetzt um den ehrenvollen 3. Platz kämpfen darf.
Jürgen Neurohr - Luis Kuhn
Auch diese Paarung versprach Spannung pur. Luis wählt das Albins
Gegengambit in der Schwarz zwei Bauern für einen
Entwicklungsvorsprung und freies Figurenspiel erhält. Jürgen wählt
früh eine Nebenvariante und Luis ist "out of Theorie". Allerdings
spielt er logisch weiter und verstärkt den Druck und es ist Jürgen,
der den ersten Fehler begeht. Allerdings hätte Luis in komplizierter
Stellung selbst bei besten Spiel maximal Ausgleich erzielt. Luis
findet nicht den besten Zug und Jürgen beweist, dass er richtig gut
rechnen kann. Das Endspiel mit Mehrqualle für einen Bauern ist
leicht gewonnen. Ein ziemlich beeindruckender Einstand für Luis, der
in der nächsten Saison die 1. Mannschaft der Flörsheimer verstärken
wird. Herzlich willkommen, Luis!!