28.12. Jahresrückblick 2012 – Ein Blick über die
Vereinsgrenzen hinaus
Liebe Vereinsmitglieder,
wer trägt nicht das Gefühl in sich, dass das zu Ende
gehende Jahr 2012 einer Kurzpartie im Schach gleicht. Es ist so viel
passiert in diesem Jahr, da fällt es sogar uns Schachspieler
echt schwer den Überblick über die Ereignisse und dem
Erlebten zu behalten. Doch wie gut das es Jahresrückblicke gibt
oder Berichte wie diesen hier, der zumindest das eine oder andere
Schachleckerbissen in diesem Jahr wieder in uns hervorholt, denn
davon gab es reichlich.
Gemeint sind dabei nicht die Highlights rund um unseren Verein, ich
denke da gibt es auf unserer Homepage genügend zum Nachlesen,
sondern es ist ein Rückblick über unsere Vereinsgrenzen
hinaus, denn das Jahr 2012 war aus vielerlei Gründen auf
internationalem Schach-Parkett ein Jahr der Superlative
gewesen, obwohl dies leider in der deutschen allgemeinen
Sport-Presse kaum wahr genommen wurde. Eines der größten
Sportveranstaltungen des Jahres 2012, und damit meine ich alle
Sportevents, waren die Olympischen Spiele im Schach gewesen.
Austragungsort war Istanbul/Türkei, wo Schach fast schon einem
Volkssport gleich kommt. Über 158 Nationen und über 1700
SpielerInnen gingen an den Start und am Ende gewann bei den Herren
überraschend das kleine Land Armenien mit dem Weltranglisten
Zweiten Levon Aronian vor dem Schachriesen Russland, der wiederum
knapp vor China bei den Frauen Gold holte. Deutschland belegte,
immerhin als amtierender Europameister ins Rennen gegangen, bei den
Männern Platz 12 und bei den Frauen Platz
11
Ähnlich spannend war der Weltmeisterschaftskampf zwischen dem
amtierenden Weltmeister Vishy Anand (Indien) und Boris Gelfand
(Israel), der in Hauptstadt des Schach in Moskau stattfand.
Neben der höchsten Krone im Schach ging es auch um die
beachtliche Rekordsumme von 2,5 Mio US Dollar Preisgeld. Anand, der
als haushoher Favorit ins Rennen ging, musste sich gewaltig
strecken, um den Titel am Ende doch erfolgreich zu verteidigen. Erst
im alles entscheidenden Tie-Break konnte er sich in den
Schnellpartien durchsetzen, nachdem er in den Langzeitpartien
über zwölf nervenaufreibenden Runden kein Mittel fand.
Damit bleibt Anand zumindest auf dem Blatt Papier weiter offizieller
Schach-Weltmeister bis ins nächste Jahr. Ob er jedoch der
stärkste Schachspieler auf diesem Planeten derzeit ist, ist
eher fraglich. Derzeit rangiert Anand „nur“ auf Platz 7, weit
abgeschlagen vor dem Weltranglisten Ersten Magnus Carlsen aus
Norwegen, der wiederum die langjährige Rekordmarke von Garry
Kasparow von 2851 Elo-Punkte kürzlich mit +10 Punkten
einstellte, und damit stärkster Schachspieler aller Zeit ist.
Ich bin mir sicher, sollte Magnus Carlsen im nächsten Jahr um
die WM-Krone mitspielen (dieses Jahr trat er nicht an) wird dies die
verschlafene Medienlandschaft im Westen heftig wachrütteln. Das
letzte mal als ein „Wessi“ um den WM-Titel spielte war 1972 als
Bobby Fischer Millionen von Nicht-Schachspielern vor die Fernseher
und Radio trieb.
Schach-Kritiker bzw. Computerexperten behaupten, Schach ist endlich,
und trotz der Varianten-Vielfalt durch immer stärkere und
leistungsfähigere Computer nur noch eine Frage der Zeit, dass
Schach endcodiert ist und demnach ausstirbt. Sieht man sich jedoch
die Entwicklung des Schach an, so stellt man fest, dass in vielen
Ländern das Schachspiel boomt wie nie zuvor. So wurde bei der
Jugend-Weltmeisterschaft in Maribor/Slowenien der Veranstalter von
Jugendlichen im Alter von U8-U18 förmlich überrannt.
Über 1600 (!) SpielerInnen aus 91 Nationen nahm an dieser
Mega-Veranstaltung teil, inklusive Trainer und Betreuer gar weit
über 3000 Teilnehmer. Das hat es bislang bei einem
internationalen Jugendturnier noch nicht gegeben !
Zu dem gab es in diesem Jahr auch auf politischer Ebene in Sachen
Schulschach einen kleinen aber sehr wichtigen Meilenstein zu feiern.
Im Europäischen Parlament wurde "Schach als Bildungswerkzeug"
mehrheitlich angenommen, und damit eine wichtige Grundlage für
den Ausbau von Schulschach als Wahlfach geschaffen. Schach
kann Schülern beim Lernen helfen, das haben verschiedene
Studien bewiesen. Die Konzentration, das räumliche Denken, das
Planen und Vorausdenken werden gefördert - so verbessern sich
auch die Schulleistungen.
Wolfgang Ruppert